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Brief von Max Bruch an Ernst Rudorff Musikwissenschaftliches Institut Köln Max-Bruch-Archiv Signatur: Br. Korr. 154, 210
Brief von Max Bruch an Ernst Rudorff Musikwissenschaftliches Institut Köln ; Max-Bruch-Archiv
Signatur: Br. Korr. 154, 210
Bruch, Max (1838-1920) [Verfasser], Rudorff, Ernst (1840-1916) [Adressat]
Friedenau, 24.09.1912. - 12 Seiten, Deutsch. - Brief
Inhaltsangabe: Transkription: Friedenau, 24/9 12. Lieber Freund, Seit dem 12. d. M. sind wir hier. Das Wetter ist im Ganzen übrigens besser geworden. Hoffentlich auch bei Euch, aber es wiselt doch immer wieder! Kaum steckt man die Nase wieder hier hinein, so drängen sich schon wieder von allen Seiten und tagtäglich Thorheit, Anmaßung und Dummheit heran, und befestigen die Ueberzeugung daß die Verrücktheit der Menschheit unaufhaltsam zunimmt. Drei Sachen schicke ich Dir heut zu freundschaftlichem Mitgenuß; 1) Eine Umfrage, betreff Herrn Rich. Strauß. Wozu fragt aber diese ehrenwerthe Redaction erst noch, wenn sie selbst doch schon in ihrem schönen Einladungsschreiben den R. Str. den „bedeutendsten“ Musiker der Gegenwart nennt?! Ich reagire schon seit längerer Zeit auf alle derartigen Anzapfungen (die sich in geradezu verschwendernder Weise häufen) gar nicht mehr. 2) Die Ankündigung eines Buches „Die Rothschilds“, aus Anlaß des 100jährigen Todestages des Amschel Rothschild in Frankfur a/M. Lies den Prospect aufmerksam, er verdient es, denn es ist das Höchste von jüdischem Dünkel, von jüdischer Ueberhebung und Frechheit, was ich jemals gelesen habe. Mit einem Federstrich löscht dieser infame Cohn oder Hirsch oder Itzig, der sich hinter dem Pseudonym „Balla“ versteckt, das ganze ganze ungeheure Verdienst unserer Armee und unseres Volkes in den Freiheitskriegen aus, und stellt Herrn Amschel Rothschild als den eigentlichen Besieger Napoleons hin, während der alte Schacherjude in Wahrheit nur das Verdienst hatte, die 6 – 7 Millionen Thaler, die der damalige Kurfürst (resp. Landgraf) von Hessen im 18. Jahrhundert durch den schmachvollen Verkauf seiner Landeskinder an England (während dessen Krieges mit s. Amerik. Kolonien) erworben hatte, von 1806-1814 vor den Franzosen gut bewahrt zu haben. 1866 stieß die Nemesis die Hessen vom Thron!! – Wenn die Christen sich diese nicht zu übertreffende, noch nicht dagewesene Frechheit eines jüdischen Scribenten und einer jüdischen Verlagshandlung gefallen lassen, so hört alles auf! Ueberhaupt – die Juden – wann kommt endlich die Zeit, wo Deutschland sie abschüttelt und sich von ihren garstigen Einwirkung befreit? Sie sitzen jetzt überall, sie verderben alles - Berlin ist jetzt in einer Weise verjudet, wie man es nie für möglich gehalten hätte!! Und zwar in der Musik am Allermeisten! Wie sehr merke ich das - wie sehr habe ich in Breslau, Berlin etc. darunter gelitten! – 3) Sende ich einen Artikel von Haeckel in Jena. Mir scheint, daß dieser berühmte Mann mit vielem Geist und großer Eloquenz von ganz falschen Prämissen zu ganz falschen Consequenzen gelangt, und seine Polemik gegen den Münchener Kunstgelehrten hat mich nicht davon überzeugt, daß er Recht hat; im Gegentheil – sein Gegner scheint mir durchaus im Recht zu sein. Es ist der alte Gegensatz von Materie und Geist; Herr Häckel scheint keine Ahnung davon zu haben, daß in der bildenden Kunst die Natur so wie sie ist niemals brauchbar ist, sondern daß sie erst durch das Medium der Seele des Meisters gehen muß, bevor sie zum Kunstwerk werden kann. Und wenn er zuletzt mit dem kleinen Singsang der Vögel mit ihren Lockrufen etc. anrückt, und uns aufbinden will, des seien Kunstwerke – so hört sich alles auf, u. man wundert cih daß ein geistvoller Mensch so albernsein kann. Aber heutzutage ist es so, daß man jeden Tag mindestens 2mal gegen irgend einen verd-ten Unsinn protestiren müßte! Humperdinck war im Juli in Oberhof – aber nur einige Tage, er konnte die Bergluft nicht vertragen. Damals erschien er mir sehr reducirt, jetzt soll es ihm aber besser gehen. Indessen scheint es mir noch immer sehr unsicher, ob er am 1. Oct. Hochsch. und M.Sch. wieder übernehmen kann. – Meine Meisterschule ist noch immer nicht besetzt, obgleich sie nun schon seit 1 ½ Jahren vacant ist. Zunächst hat Schmidt sich auswärts umgesehen, konnte aber mit den schärfsten Gläsern keinen geeigneten „Meister“ entdecken; es scheint, sie sind jetzt dünn gesäet. Dann fordert er (im Frühsommer d. J) Bericht vom Senat, und dieser (d.h. eine Mayorität von 1 Stimme) hatte die unvergleichliche Naivität, ihm in erster Linie Herrn – Rüfer als meinen Nachfolger zu präsentieren; in II. Linie wurde Koch vorgeschlagen. Aber weder der Eine noch der Andere ist ernannt worden; Schmidt scheint weiter zhu suchen, und jetzt ist wohl vor Ostern 1913 keine Entscheidung zu erwarten. Der Senat muß Schmidt ziemlich verächtlich geworden sein; denn selbst er weiß doch ganz genau, daß ein Mensch wie Rüfer, der doch eigentlich gar nichts geleistet hat, für eine solche Stellung gar nicht in Betracht kommen kann. Er wird also leicht durchschauen daß diese Senats-Empfehlung lediglich ein Product der Kameraderie war. Ich sage Dir, der Senat ist jetzt eine traurige Gesellschaft! - Sehr unangenehm und höchst bedenklich sind die unaufhörlichen immer schlimmeren Katzbalgereien innerhalb des Protestantismus. Geht es so weiter, d.h. fallen die weitesten Kreise immer mehr kritiklos den Radicalen zu (wie Jatho, Traub etc.), die gaar nicht mehr auf dem Boden des Christenthums stehen u. dennoch an ihren Stellen kleben – so wird es in absehbarer Zeit gar keine protestantische Kirche mehr geben. Den ganzen Vortheil aus dieser Zerissenheit u. Zerfallenheit wird – Rom erndten!! – Herzlichst Immer Dein M. BruchStrauss, Richard (1864-1949) [Erwähnt], Jatho, Carl (1851-1913) [Erwähnt], Traub, Gottfried (1869-1956) [Erwähnt], Humperdinck, Engelbert (1854-1921) [Erwähnt]
Bemerkung: Max Bruch
Objekteigenschaften: HandschriftPfad: Max-Bruch-Archiv / Korrespondenz
DE-611-HS-4305692, http://kalliope-verbund.info/DE-611-HS-4305692
Erfassung: 27. November 2025 ; Modifikation: 27. November 2025 ; Synchronisierungsdatum: 2025-11-27T15:49:01+01:00
